DIVERA 24/7 für den Bevölkerungsschutz

DIVERA 24/7 für den Bevölkerungsschutz

14.09.2020

Grundsätzliche Problemstellung

Der Schutz der Bevölkerung in der Schweiz stützt sich grundsätzlich auf das ehrenamtliche Engagement der Helfer ab. Nur durch die Bereitschaft jederzeit «alles stehen und liegen zu lassen» und einem Einsatzauftrag nachzukommen, funktioniert der Schutz der Bevölkerung, der Tiere und der Infrastruktur in unserem Land.

Durch die gesellschaftlichen Veränderungen im Privat- und Berufsleben stehen zunehmend weniger Einsatzkräfte zur Verfügung. Die Anforderungen und Erwartungen an den Schutz der Personen- und Sachwerte bleiben jedoch die gleichen oder steigen vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage. Neben diesen Veränderungen im Bereich der Verfügbarkeit von Einsatzkräfte hat sich auch deren Kommunikationsverhalten verändert. Während früher Aushänge am schwarzen Brett und Festnetztelefon die beiden Hauptkommunikationsmittel zur Informationsweitergabe und Organisation innerhalb der Organisation waren, so sind es heute Einträge in Chatgruppen, sozialen Medien und E-Mails. Smartphone und Apps gehören heute zum Alltag vieler Einsatzkräfte. Während man vor einigen Jahren noch sicher sein konnte, dass bei einem Alarm ausreichend Einsatzkräfte zur Verfügung standen und jederzeit abkömmlich sein würden, so ist heute die fehlende Tagesalarmsicherheit ein allgegenwärtiges Thema aller Organisationen mit ehrenamtlichen Einsatzkräften.¹

Das Kernproblem ist, dass man aktuell nie genau weiss, wer wann verfügbar ist. Die Verfügbarkeit wird aktuell auf «empirischer Basis» geschätzt. Dies schlägt sich in der Praxis dann in einer Alarmierung der doppelt oder dreifach benötigten Anzahl an Einsatzkräften nieder. Dieser Mangel an Wissen über die Verfügbarkeit der Kräfte spiegelt sich in folgenden konkreten Situationen wieder.

Problemstellung 1

Die Alarmierungsstelle und der «Einsatzleiter Front» weiss erst nach der Alarmierung und einer Wartezeit von bis zu einigen Minuten, wie viele Kräfte kommen und wann diese zur Verfügung stehen werden. Dies gilt sowohl für Einsätze im eigenen Zuständigkeitsbereich als auch bei Anforderungen von Nachbarhilfeleistungen. Die Alarmierungsstelle und der «Einsatzleiter Front» kann adhoc nicht exakt sagen, wann und in welcher Stärke Kräfte zur Verfügung stehen werden.

Problemstellung 2

Nach einem Alarm treffen die ersten Kräfte im Depot, oder am vereinbarten Sammelort ein und stehen vor der Entscheidung, ob sie sofort ausrücken sollen oder noch auf das Eintreffen weiterer Kräfte warten sollen. Warten die Kräfte, ohne dass zusätzliches Personal eintrifft, wurde Zeit vertan, rücken die Kräfte sofort aus, geschieht dies ggf. unterbesetzt. Kurze Zeit später eintreffende Kräfte werden möglicherweise demotiviert oder treffen erst später mit dem nächsten Fahrzeug an der Einsatzstelle ein.

Problemstellung 3

Werden bestimmte Qualifikationen an der Einsatzstelle benötigt, wird die Gruppe an Kräften alarmiert, von denen man annimmt, dass die benötigten Qualifikationen dort in ausreichender Anzahl enthalten sind. Dabei kommt es regelmässig zur Alarmierung von Personen, welche die benötigte Qualifikation nicht aufweisen.

Aktuelle Vorgehensweise

Die zuständige Alarmierungsstelle alarmiert gruppenweise die doppelte oder dreifache Menge an Einsatzkräften, die für das gemeldete Szenario benötigt werden, beispielsweise 20 Personen. Man geht aktuell davon aus, dass bei Alarmierung von 40-60 Kräften mindestens 20 auf den Alarm reagieren und die benötigten Qualifikationen besitzen. Häufig ist dies jedoch nicht mehr der Fall wie eingangs geschildert und der «Einsatzleiter Front» oder die Alarmierungsstelle muss nach einer Wartezeit von einigen Minuten nachalarmieren, wenn nicht genug Einsatzkräfte auf den Alarm reagiert haben.

Bei der Freiwilligen Feuerwehr geht man in den meisten Ressourcenbedarfsplänen von einer Ausrückzeit (eintreffen der ersten Einsatzkräften am Einsatzort) von zirka 10-12 Minuten aus. Daraus folgend weiss der «Einsatzleiter Front» oder die Alarmierungsstelle im Mittel erst nach frühestens 10 Minuten, ob die Anzahl der Einsatzkräfte ausreichend ist bzw. wartet so lange. Wenn nach 10 Minuten feststeht, dass das Personal nicht ausreichend ist, vergehen bei der Alarmierung einer weiteren Einheit wieder einige Minuten.

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Hintergrund zum zeitlichen Verzug und den Konsequenzen

Die Zeit, die nach einem plötzlichen Ereignis bis zum Beginn von Hilfemassnahmen vergeht, ist oft entscheidend für das Überleben. Pro Minute, die bis zum Beginn einer Reanimation verstreicht, verringert sich die Überlebenswahrscheinlichkeit des Betroffenen um etwa 10%.²

Bei Einsätzen der Feuerwehr ist der Faktor Zeit entscheidend für die Bewältigung der Lage und das Überleben der Opfer. Ein frühes Eintreffen hat eine grössere Hebelwirkung, als ein späteres Eintreffen mit mehr Kräften. Treffen die Einsatzkräfte bei Wohnungsbränden später als 6 Minuten ein, ist die Wahrscheinlichkeit zu sterben höher als die Wahrscheinlichkeit zu überleben. Werden an der Einsatzstelle bestimmte Qualifikationen benötigt, z.B. 6 Atemschutzträger, alarmiert die Alarmierungsstelle eine Gruppe von 20 Personen, wohl wissend und in Kauf nehmend, dass darunter auch Personen sind, welche die benötigte Qualifikation nicht aufweisen.³

Überörtliche Hilfe

Bei grösseren Schadenslagen⁴, beispielsweise in Gemeinde A, werden Einsatzkräfte aus anderen Gemeinden zur Unterstützung angefordert, beispielsweise aus Gemeinde B. Im Rahmen der Anforderung alarmiert die Alarmierungsstelle wieder eine (dieselbe) Gruppe von Personen der Gemeinde B, die auch bei einem Ereignis im primären Einsatzbereich alarmiert würde, obwohl die zeitliche Dringlichkeit geringer ist, da ja schon Kräfte aus der Gemeinde A am Einsatzort sind. In Folge rücken in der Regel die Kräfte aus, welche als erstes zur Verfügung stehen, da man nicht weiss ob und wie viele Kräfte ggf. noch später kommen. Dies führt dann dazu, dass in der Gemeinde B noch weniger Kräfte für den Ersteinsatz zur Verfügung stehen, als ohnehin schon und bei einem Ereignis in der Gemeinde B die Hilfe noch später eintrifft.

Lösungsansatz

DIVERA 24/7 erfasst Personal hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit und ihrer Qualifikation vor einem Ereignis mit verschiedenen Endgeräten. Damit sind die für die Personalplanung entscheidenden Dimensionen: Anzahl, Qualifikation und zeitliche Verfügbarkeit bekannt. Mit dem Einsatz von DIVERA 24/7 muss der «Einsatzleiter Front» und allenfalls die Alarmierungsstelle nicht warten, um zu wissen ob ausreichend Einsatzkräfte verfügbar sind, sondern weiss dies schon vor der Alarmierung und bekommt sofort nach der Alarmierung eine Rückmeldung, um die Validität der Daten zu bestätigen.

Die Verfügbarkeit wird dabei nicht nur durch Smartphones ermittelt, sondern kann auch mit Telefonen, sowie über Schnittstellen aus anderen Systemen erfasst werden. Grundlegender Ansatz ist es, die Verfügbarkeit für den Nutzer so einfach wie möglich zu erfassen, um eine hohe Akzeptanz und eine hohe Validität der Daten zu erreichen. Dafür können GPS-Unterstützung mittels App, RFID-Lösungen oder Zeiterfassungssysteme eingebunden werden.

Dadurch, dass die Nutzer miteinander interagieren können und die Konsequenzen ihrer Verfügbarkeit sehen, werden sie in den Prozess eingebunden und viel stärker am Ergebnis beteiligt, als in der bisherigen Verfahrensweise. Die Eingabe eines Nutzers wird sofort ausgewertet und in den verschiedenen Ansichten zur Anzeige gebracht. Dadurch werden Konsequenzen, wie z.B. «Fahrzeug kann nicht ausrücken» unmittelbar sichtbar.

In Folge können Kompensationsmassnahmen eingeleitet werden, um Verzögerungen zu verhindern oder wenigstens zu minimieren.
DIVERA 24/7 optimiert den Prozess der Alarmierung dahingehend, dass nicht nur bekannt ist, wie viele Personen mit welcher Qualifikation und in welcher Zeit zur Verfügung stehen, sondern ermöglicht auch die gezielte Selektion der Personen nach den Kriterien zeitliche Verfügbarkeit und der entsprechenden Qualifikation. Dadurch wird der Alarmierungsprozess ressourcenschonender und deutlich effizienter.

Durch die zusätzliche Nutzung des Internets über öffentlicher GSM- und WLAN-Netze verbessert DIVERA 24/7 die Erreichbarkeit der Einsatzkräfte. Dies geschieht durch die zunehmende verbesserte Inhouse-Versorgung von Mobilfunk und Internet im Vergleich zu öffentlichen Alarmierungsnetzen.⁵ Das System ersetzt dabei nicht die bisherigen Alarmierungswege, sondern ergänzt sie durch bereits vorhandene Netze und führt die Vorteile der verschiedenen Netze in einem System zusammen.

Die Einsatzkräfte können sich dabei an verschiedenen Standorten anmelden, mit unterschiedlichen Verfügbarkeiten. DIVERA 24/7 ist in der Lage hierarchie- und organisationsübergreifend die Verfügbarkeit zu prüfen und Daten zu kumulieren. Somit kann nicht nur die Verfügbarkeit von einzelnen Personen, sondern auch die Einsatzbereitschaft ganzer taktischer Einheiten ermittelt und dargestellt werden.

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Nutzen

DIVERA 24/7 hilft den Zeitansatz bei der Rettung zu minimieren und sorgt dafür, dass schnellstmöglich ausreichend Kräfte vor Ort sind. Durch den optimierten Kräfteansatz werden Menschenleben gerettet, sodass es zu keiner vermeidbaren Verzögerung mehr kommt. Durch die Möglichkeit der zeit- und qualifikationsbasierten Alarmierung, werden die schon knappen Personalressourcen geschont. Mit DIVERA 24/7 wird der Alarmierungsvorgang optimiert und es erfolgt eine gezieltere und teilweise schnellere Alarmierung.

Durch dieses exakte und genauere Ressourcenmanagement können Kosten reduziert werden und auch Auswirkungen auf Arbeitgeberseite minimiert werden. Dies wiederum führt zu einer höheren Akzeptanz auf Seiten der Arbeitgeber, welche die ehrenamtlichen Einsatzkräfte freistellen müssen.

Aktuell werden die Daten der Bedarfsplanung häufig noch manuell erfasst und müssen dann in langwierigen Prozessen in einem Abstand von ein paar (drei bis fünf) Jahren ausgewertet werden. In der Praxis sind die Ergebnisse der Bedarfsplanung schon durch die Realität veraltet.

Mit DIVERA 24/7 und den eingesetzten Modellen ist es möglich, den bisher über mehrere Jahre dauernden Prozess einer Bedarfsplanung zu beschleunigen und an die Veränderungsgeschwindigkeit des Einsatzgebietes anzupassen. DIVERA 24/7 bietet damit zahlreiche Ansatzpunkte den Bereich der öffentlichen Sicherheit zu optimieren und diesen in die Richtung von Smart-Cities zu entwickeln.

¹Quellen für Belege: NDR, Focus

²European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010 Section 2. Adult basic life support and use of automated external defibrillators, Koster, Rudolph W. et al., Resuscitation , Volume 81 , Issue 10 , 1277-1292

³Horst, Bernhard (2017): Leistungsfähigkeit öffentlicher Feuerwehren. Messung der operativen Leistungsfähigkeit und Implikationen für die Bedarfsplanung. Dissertation. Universität Wuppertal

⁴​​Typische Szenarios für Grossschadenslagen sind Zugunfälle, Grossbrände, Amok-Lagen, Gefahrstofffreisetzungen etc.

⁵​Aktuell werden für die Alarmierung, Alarmierungen im 2m Frequenzband genutzt. Die Reichweite ist dabei innerhalb von neueren Gebäuden teilweise nicht oder nur schlecht gegeben. Dies führt dazu, dass Personen bei einem Alarm nicht erreicht werden. Weiterhin sind die Netze wesentlich langsamer im Vergleich zu Mobilfunk-basierten Alarmierungen und der Alarm wird erst nach 20-60 Sekunden zugestellt, während es bei Mobilfunk basierten Verfahren meist unter 3 Sekunden sind. Die öffentlichen Alarmierungsnetze werden teilweise übrigens auch per Internet (via Fixleitung oder Mobilfunknetz) versorgt.

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